Warum Sie krank werden und wie Sie gesund werden von Arthur Janov, Ph.D., Dove Books, West Hollywood, CA, 1996, 295 Seiten, $ 24.95

Buchbesprechung von John A. Speyrer


Einleitung: Dieses Buch scheint in der Fachwelt und bei Laien bisher wenig Anklang gefunden zu haben. Ich bedaure das sehr, denn ich fand das Buch sehr informativ und lesenswert, das Kapitel über Gehirnwellen eingeschlossen. Das Buch ist es durchaus wert, in die deutsche Sprache übersetzt zu werden, aber es gehört wohl zum modernen Zeitgeist, dass Verlage ihr Programm eher an Biotechnologie und Genforschung orientieren als an Themen, die sich mit Analyse und Regression befassen. Welch eigenartige Verirrung. Die Menschen überspringen ihre persönliche schmerzbeladene Geschichte und landen schließlich bei den Genen. Dort erwarten sie die Antwort auf die Frage, warum sie krank werden. Aber die Gene werden über die Ursachen des Leidens wenig verraten; der frühe Schmerz, der unserem Nervensystem eingeprägt ist, spricht hingegen eine deutliche Sprache. Ihn aus dem System herauszulösen, kann uns wirklich zu gesünderen Geschöpfen machen.

Ich teile die Bedenken John Speyrers, was die Änderung alter, eingefahrener Verhaltensweisen betrifft. Das geht vielleicht nicht so leicht und automatisch von der Hand, wie Janov das gerne hätte. Andererseits ist die Auflösung von Urschmerz natürlich unabdingbare Voraussetzung, um anhaltende Veränderungen überhaupt möglich zu machen. Angesichts der großen Anzahl von Menschen, die sich der Therapie unterzogen haben, wäre eine Untersuchung, die mehrere Hunderte von postprimären Individuen umfasst, von höchstem Interesse, um die Wirksamkeit der Primärtherapie zu bestätigen. Ich fände es wirklich hochinteressant zu erfahren, was sich für die Menschen geändert hat und wie sie die Qualität ihres Lebens jetzt beurteilen.

Aber wie auch immer das Urteil dieser Menschen ausfallen würde, maßgeblich für mich selbst ist nur meine eigene Erfahrung mit dem Primärprozess. Und die ist positiv. Die Therapie hat wirklich für mich gearbeitet und wird mich auch in Zukunft nicht im Stich lassen.

-- F.Wagner



"Während der letzten dreißig Jahre habe ich sehr viel über Menschen
gelernt und was sie lenkt. So banal es scheinen mag, was ich gefunden habe,
ist ein einziges und dennoch komplexes Gefühl namens Liebe. Nicht die romantische
Liebe in Romanen, sondern eine fundamentale Liebe - die Liebe der Eltern
zu einem Kind. Wenn einem Kind Liebe und Fürsorge fehlt, erzeugt
das Schmerz, gleichgültig wie sich dieser Mangel zeigt, und wenn dieser
Schmerz nicht "gefühlt" wird oder nicht in das System integriert wird,
wird er in Kehrtwendung körperliche und emotionale Krankheit
im späteren Leben verursachen."

Arthur Janov, aus der Einleitung



Dieses Buch ist das neunte, das der Cheftheoretiker der Primärtherapie verfasst hat. Es ist zweifelsohne das attraktivste aller Bücher Dr. Janovs und beinhaltet siebenundzwanzig interessante neue Fallstudien, zwei Fotografien und zahlreiche farbige Karten und Diagramme.

Einige Leute bezeichneten Janovs Bücher einfach als Aufguss seiner früheren Schriften, aber meiner Ansicht nach ist das eine unfaire Kritik, weil die leicht zu erklärende Primär-Prämisse die ganze Zeit gleich geblieben ist: verdrängte unbefriedigte Bedürfnisse/Traumen sind die Ursache der Neurose, und das verdrängte Material auf vollständige Weise zu erfahren hilft, seine Folgen aufzulösen. Aus diesem Grund sollte man nicht erwarten, dass jedes seiner Bücher grundlegend anders sei. Jedes von Dr. Janovs Büchern ist eine interessante Variation zu diesem selben Primärthema. Neue Gedanken, erwähnt in früheren Büchern, erlangen in nachfolgenden Schriften Substanz. Zum Beispiel enthält dieses Werk mehr Information über die Wirkungen der Elektroschock - Therapie. In dem Abschnitt über Depression werden die nützlichen Effekte der neueren Anti-Depressiva untersucht. Ein das ganze Buch hindurch wiederkehrendes Thema betrifft die schädlichen Wirkungen der Sauerstoff-Deprivation in utero und während des Geburtsprozesses.

Eine andere Erweiterung eines früheren Konzepts ist Dr. Janovs Entwicklung und Verfeinerung seiner Gehirnwellen-Analysen. Er glaubt, ihr Studium enthülle viele wichtige Informationen über den präprimären, periprimären und postprimären Status des Patienten. Er nennt dieses Verfahren "Gehirn-Kartographie" und glaubt, dass die Verwendung von Gehirnkarten es ermöglicht, das Fortschrittstempo des Patienten zu diagnostizieren und vorauszusagen. Er glaubt, dass sich das Ausmaß der Verdrängung in solchen Gehirnkarten offenbart.

Die jüngste Studie wurde unter der Leitung von Dr. E. Michael Holden an Janovs Hirnforschungslabor durchgeführt. Dr. Holden ist Neurologe und war der frühere Medizinische Direktor an Janovs Primal Institute. Soweit ich weiß, ist Dr. Janov der einzige, der jemals versucht hat, die Resultate einer Psychotherapie durch Interpretation von Patienten - Elektroenzephalogrammen zu analysieren. Das ist ein schwieriges Unterfangen, und ob seine Analysen und Schlüsse schließlich von der psychotherapeutischen Gemeinschaft akzeptiert und bestätigt werden, muss dem Urteil der Zeit überlassen sein.

Ich war enttäuscht darüber, wenig Material über ein Thema in Janovs jüngstem Buch zu finden, das zuletzt von der Primärgemeinschaft viel diskutiert wurde: ob das bloße Fühlen der Vergangenheit in Primals ausreicht, um Neurose zu heilen, oder nicht. Alice Miller und andere haben behauptet, dass es viel mehr braucht als einfach frühe Traumen wiederzuerleben. Viele glauben, dass dies von entscheidender Bedeutung ist, aber dass man sich auch auf neue Verhaltensweisen (oft das Gegenteil der vorherigen neurotischen Muster) einlassen müsse, um wirklich von Primärtherapie zu profitieren.

Es ist so ziemlich das einzige Zugeständnis Dr. Janovs, dass dieses Thema von anderen diskutiert wird, wenn er erklärt, wie man gesund wird. Er schreibt in seinem jüngsten Buch, dass, um geheilt zu werden, (1) Symptome mit bestimmten frühen Traumen verknüpft werden müssen, (2) dass Schmerzen in der umgekehrten Reihenfolge, in der sie geschahen, gefühlt werden müssen und (3) dass Traumen von niedrigerer Intensität vor den schmerzvolleren gefühlt werden müssen. "Schließlich", schreibt er: (s. 219); "....können wir dieses neue und erweiterte Bewusstsein für verschiedene Verhaltensweisen benutzen, anstatt wie vorher zum Ausagieren gezwungen zu sein." (Kursivschrift von mir). Andere sind deutlicher und bestehen darauf, dass wir mit diesen neuen Verhaltensmöglichkeiten beginnen müssen; andernfalls werde es keine Lösung geben.

Janov scheint anzudeuten, dass neues Verhalten notwendig sein könnte, aber er sagt es nicht wirklich; noch erwähnt oder diskutiert er, wie schwierig es höchstwahrscheinlich für den Primaler sein wird, diese neuen Verhaltensweisen in die Praxis umzusetzen. Ich bezweifle, dass Primärpatienten bereitwillig die neuen unheimlichen und unvertrauten Handlungen wählen. Ermutigung und ständiges Anspornen durch den Therapeuten wird notwendig sein. Ich glaube, dies ist ein weiterer Grund, warum Selbst-primalen ein schwieriges Unterfangen sein kann.

Dr. Janov schreibt, dass er während der vergangenen fünfundzwanzig Jahre Tausende von Patienten gesehen habe und niemals bezeugen konnte, dass ein Patient ein Vorleben wiedererlebt habe. Solche Wiedererlebnisse geschehen manchmal an Primärzentren, wo sie Bestandteil des Therapiemodells des Zentrums sein können. Das Wiedererfahren eines vergangenen Lebens war als Tatsachenpunkt Thema der International Primal Association - Konferenz im September 1996. Sie fand in New Jersey statt.

Arthur Janov glaubt, dass solche Erfahrungen durch eine Überlastung mit verdrängtem Material, das das Bewusstsein überflutet, verursacht werden. Er behauptet, dass solche Überlastungen die Quelle von transpersonellen als auch mystischen Erfahrungen seien, und glaubt, dass solche Überlastungen an seinem Center nicht geschehen, weil er und seine Therapeuten darauf sehen, dass das ganze Material, auf das man in einer Sitzung Zugang hat, angemessen integriert wird.

Warum Sie krank werden und wie Sie gesund werden ist ein weiteres interessantes, gut geschriebenes und äußerst empfehlenswertes Buch vom Entdecker der Primärtherapie.
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EMaK www.emak.org ist eine Webseite für Erwachsene Misshandelt als Kinder. Über die Erfahrungen einer misshandelten Kindheit zu sprechen ist oftmals der erste Schritt auf einem langen Weg die unsichtbaren Wunden zu heilen.

-- Sieglinde W. Alexander



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