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Primätherapy am Telefon

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Von Pat Törngren

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(Aus dem Archiv der Primal Therapy Support Group)


FRAGE: Ich hab' hier in meiner Gegend niemanden als Buddy. Aber es gibt Freunde, die ich anrufen kann. Wie kann man über das Telefon primeln?

ANTWORT: Ich mach's so: Ich bitte die andere Person, nur zu zu hören und möglich nichts zu sagen, was mich aus dem Gefühl bringen könnte.

Dann erzähle ich, was mich gerade in der Gegenwart beschäftigt, berührt oder nervt, was es also ist, was mein aktuelles Gefühl ausgelöst hat. Manchmal, wenn die Peron am anderen Ende mitschwingende Lautäußerungen von sich gibt, die mein Gefühl spiegeln, hilft mir das, weiter in mein Gefühl zu kommen und es sich entwickeln zu lassen - ohne den natürlichen Fluss der Gedanken zu unterbrechen.

Üblich ist, dass die Person, die mir sitzt, gar nichts sagt, im Fall dass ich weinen muss.

Andererseits hatte ich vor einiger Zeit eine Telefonsitzung mit einem Freund: Nachdem wir uns verabredet hatten, rief ich ihn an - aber alles was ich sagen konnte war "Hallo Pieter, mir geht's echt schlecht, gerade" und ansonsten konnte ich gar nicht sagen, einfach weil ich dermaßen weinen musste.

Daraufhin sagte er, mit ziemlich weicher Stimme "Iss' gut, Pat, ich bin da, ich bin jetzt ganz da für Dich". Er sagte das so sanft und leise, dass es mehr so im Hintergrund blieb aber mir doch das Gefühl gab, dass ers mich versteht; und daraufhin hab' ich dann noch mehr geheult und das Primel wurde immer tiefer.

Also: ich fang damit an, zu erzählen, was ich in der Gegenwart erlebe, was gerade ist, und das ist es dann, was mich normalerweise entweder wütend macht oder zum Heulen bringt. Ist der Kontakt zu einem bestimmten Gefühl dann da, schalte ich manchmal innerlich um und fange an, die Person, die im Hier und Jetzt das Gefühl ausgelöst hat, direkt an zu sprechen - und das wiederum bringt mich regelmäßig noch tiefer in das aktuelle Gefühl.

In diesem Stadium fange ich innerlich und ohne dass mir das groß bewusst wäre an, Vergangenes bzw. Kindheitserlebnisse nach solchen Erfahrungen durch zu gehen, in denen vor allem das Gefühl genau das gleiche war. Wenn ich dann da eine Verbindung finde, spreche ich erst einfach mal darüber, was damals los war. Ich stöbere mit dem Gefühl dann da etwas weiter herum und achte dabei darauf, wo sich das Weinen vertieft.

Gewöhnlich schaltet es dann innerlich wieder von alleine um vom "reden über" ( Mama, Papa, wer auch immer ) zum "reden zu", also zur direkten Rede. Da bleib' ich dann erst mal dran und achte dabei auf mein Gefühl, wo es sich vertieft und verstärkt.

Falls dabei sehr früher Primärschmerz (first line pain) verändert sich dabei automatisch auch meine Sprache, so wird bspw. aus ‚Mutti' ein früheres ‚Mama' und das wiederum kann über gehen zu Babyschreien, die überhaupt keine Worte haben, eventuell verbunden mit Kehl- und Würge- Lauten. Falls es dabei dann zu einem Geburts-Primal kommt, geh' ich auch vom Stuhl auf den Boden, falls ich nicht schon da, bin und schaff's auch noch, den Hörer in der Hand zu halten oder auf ‚Freisprechen' um zu schalten (was natürlich auch gleich machen kann).

Danach, wenn das dann erst mal abgeklungen ist, sagt mein Buddy eigentlich noch immer nicht sehr viel, vielleicht ein, zwei Kommentare, aber vor allem sage ich ihm, was ich gefühlt und (wieder-) erlebt habe und welche Verbindungen ich machen konnte.

Manchmal kann es auch sein, dass mein Buddy zwischendurch etwas sagt. Wenn ich vielleicht gerade nur so halbwegs durch mein Primel-Erlebnis durch bin, dazwischen aber unterbreche, raus falle, sagt er etwa: "Du klangst aber ganz schön wütend, als Du das und das ... sagtest. Was war da?" Und das, kann sein, bringt mich dann wieder ganz in mein Gefühl.

Es gibt eine ganz Reihe von "Techniken" mit denen man anderen helfen kann, in ihr Gefühl zu kommen. Was aber mir am allermeisten hilft, ist zu wissen und zu fühlen, dass die Person am anderen Ende der Leitung wirklich ‚bei mir' ist, sich kümmert. Nichts unterstützt mich mehr als das zu spüren.
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(Übersetsung Reinhold W. Rausch)


Pat Törngren lebt in der Gegend von Kapstadt, Süd Afrika, und hat selbst viele Jahre Primal- Erfahrung. Daneben ist sie Aktivistin der Primal- Bewegung, hat Primärgruppen ins Leben gerufen und ist Gründerin und Moderatorin der Online-Email-"Primal Support Group"

This article appeared in the Fall 2002 Newsletter of the International Primal Association


EMaK www.emak.org ist eine Webseite für Erwachsene Misshandelt als Kinder. Über die Erfahrungen einer misshandelten Kindheit zu sprechen ist oftmals der erste Schritt auf einem langen Weg die unsichtbaren Wunden zu heilen.

-- Sieglinde W. Alexander



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